China und Österreich scheint kulturell nicht viel zu verbinden, wie auch Janet Mo, CEO von Zentron Consulting, bestätigt. Und doch könnte man einiges voneinander lernen.
Janet Mo kennt die Kontraste des Lebens. In der beschaulichen Inneren Mongolei geboren, wuchs sie im Großstadtgetriebe Hongkongs auf. Nach Stationen in Werbeagenturen in Hongkong, Schanghai und Guangzhou landete sie schließlich in Wien und von dort aus im Vergleich zu den Vorgängerstationen im eher beschaulichen Steyr. „Ich arbeitete in einem kleinen Industrieunternehmen in einem kleinen Ort bei Steyr, daher fand ich alles sehr familiär und überschaubar“, schildert Mo. Vor allem die Trennung von Privatleben und Beruf stach ihr sofort ins Auge: „Es gab hier schon immer eine Work-Life-Balance, allgemein ist eher alles gelassen.“ Ein massiver Kontrast zum geschäftigen Leben in den chinesischen Metropolen. Schließlich machte sich Janet Mo selbstständig und gründete in Haidershofen bei Steyr die Zentron Consulting, ein Unternehmen, welches europäischen Firmen den Weg nach China ebnet.
Chinesen entschleunigt euch
Die Kontraste dieser beiden Welten sind unübersehbar: „In Asien gibt es zu viel Leistungsdruck. 60-Stunden-Wochen und mehr sind üblich. Man muss rund um die Uhr erreichbar sein, auch an den Wochenenden.“ In Österreich ist Arbeiten am Wochenende hingegen so gut wie Tabu. „Wenn man in China um 18 Uhr das Büro verlässt, wird man fast schon schief angesehen.“ Im boomenden China sind klassische Nine-to-five-Arbeit oder 38,5-Stunden-Woche kein Konzept. „Der Druck muss aber nicht unbedingt mehr Output bedeuten.“ Und in Österreich? „Hier schätzt man die Freizeit. Man soll zwar nicht verallgemeinern, aber ganz stereotypisch lässt sich sagen, dass in Österreich die Gelassenheit und Gemütlichkeit im Vordergrund stehen, und es darf immer ein bisserl ein Schmäh dabei sein. Das gefällt mir auch, nervig ist aber, dass es oft an Weltoffenheit fehlt und am Blick über den Tellerrand. Teilweise ist man hier ein wenig zu gelassen. Und dann ist da noch diese Suderei …“
Qualifikation und Bürokratie
Ins Schwärmen gerät Janet Mo, wenn es um die Facharbeiter geht. „Trotz Fachkräftemangel sind die Arbeitskräfte gut qualifiziert und motiviert, zudem ist Österreich politisch und wirtschaftlich sehr stabil.“ Rein privat schätzt sie die Mischung aus Kultur und Natur. Doch was spricht gegen den Standort Österreich? „Die Steuerbelastung ist immer noch zu hoch – sowohl für Unternehmen als auch für Arbeitnehmer. Eine schlankere, effizientere Verwaltung, also weniger Bürokratie, würde der Wirtschaft und allen guttun.“
Österreicher beschleunigt euch
Und die viel zitierte Gemütlichkeit hat auch ihren Preis. „China ist in vielen digitalen Bereichen Österreich voraus, wie bei E-Commerce, mobiler Telekommunikation, Mobile Payment usw.“ Österreich hingegen könnte auch für China Vorbild sein. „Das Land hat viele Hidden Champions in der Industrie mit langer Tradition, die weltweit anerkannt sind. Und natürlich beim Thema ‚Umweltschutz‘ bzw. in der ökologischen Wirtschaft: Hier ist Österreich einige Schritte voraus.“ Chinesen könnten laut Mo von den Österreichern auch lernen, gelassener zu arbeiten, umgekehrt „könnten sich die Österreicher ein wenig ‚beschleunigen‘.“ Und was
braucht es aus der Sicht von Janet Mo, um die Alpenrepublik zukunftsfit zu machen? „Es braucht ein zukunftsorientiertes Bildungssystem. Das ist entscheidend, also welche Qualifikationen braucht die Wirtschaft? Dazu müssen die Verwaltungssysteme reformiert werden.
Das gesamte Heft können Sie online lesen: https://epaper.chefinfo.at/2019/ci102019/#page=26 (externer Link)
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